Das Amtsgericht Kitzingen hat am Mittwoch ein deutliches Zeichen gesetzt: Ein etwa Dreißigjähriger aus Iphofen holte sich seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten (natürlich ohne Bewährung) wegen Volksverhetzung im Internet ab. Die Begründung für dass Urteil lautete, dass der Angeklagte über Facebook Hetze gegen Flüchtlinge unter Verwendung von nahezu unerträglichem Vokabular aus der Naziszene verbreitet hatte. Da er in seinen Sprüche unter Anderem bedauerte, dass die KZ’s nicht mehr in Betrieb seien, um Flüchtlinge vergasen zu können und damit ein kaum mehr erträgliches Niveau erreicht haben zog das Amtsgericht Kitzingen die dunkelrote Karte und verhängte eine Haftstrafe ohne Bewährung. Die für das Urteil einschlägige Vorschrift des 130 Strafgesetzbuch sieht eine Mindeststrafe von 3 Monaten und eine Höchststrafe von 5 Jahren vor. Insoweit liegt das Schöffengericht durchaus im gesetzlich vorgesehenen Rahmen.
Sorgt regelmäßig für jede Menge Verwirrung, was einem manchmal so zu unerwarteter Zeit an der Wohnungstüre begegnet: Eine Angestellte aus Mitteldeutschland, die vor zwei Jahren wegen eines neuen Jobs nach München gezogen war, staunte nicht schlecht, als sie beim Öffnen des Briefkastens feststellte, dass sie soeben den Gerichtsvollzieher verpaßt hatte, der einen Haftbefehl für sie dabei hatte. Eine Nachricht des Gerichtsvollziehers teilte ihr dies mit. Erst ein Besuch bei ihrem Anwalt (RA Florian Schneider) lüftete das Geheimnis: Sie hatte viele Monate ihre Post nicht geöffnet, weil der neue Job sie zu hundert Prozent in Anspruch genommen hatte und sie nur kurz zum Schlafen nach Hause gekommen war. Eine Recherche unter ihren ungeöffneten Briefen zu Hause förderte dann jede Menge Schreiben zu Tage, in denen sich der für sie zuständige Gerichtsvollzieher bei ihr gemeldet hatte mit einer uralten Forderung aus der Zeit vor ihrem Umzug, die sie längst vergessen hatte und um die sie sich deshalb auch nicht gekümmert hatte. Die unangenehme Folge dieses Vergessens war nun nicht nur, dass die Forderung schon vor langer Zeit rechtskräftig geworden ist, – so dass nun nix mehr dagegen zu machen ist, – sondern auch, dass sie per Gerichtsvollzieher nebst hohen Kosten für die Zwangsvollstreckung nun sogar per Haftbefehl beigetrieben wird. Denn ein Gläubiger kann, wenn er über eine rechtskräftige und titulierte Forderung verfügt, gegen seinen Schuldner sogar einen Haftbefehl beantragen, wenn der Schuldner sich nicht meldet und die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert. In dieser Situation hilft dann nur noch schnellstes Zahlen der Forderung, wenn man vermeiden will, vom Gerichtsvollzieher und seinen Polizeibeamten verhaftet zu werden ud zur Abgabe der Vermögensauskunft gezwungen zu werden.
Das Amtsgericht München hat soeben einem Angestellten aus der IT-Branche einen Strafbefehl über € 2.800 geschickt wegen Verwendens verfassungswidriger Symbole. Den Angeklagten trifft dies insofern hart, als er nur aus Jux und unter Alkohol einen Hitlergruß gemacht hatte: Nach einem Kneipenbesuch hatte er mitten auf der Straße den rechten Arm ausgestreckt. Genau in diesem Moment war ein Polizeiauto vorbei gekommen und ihn dingfest gemacht. Erst da wurde ihm klar, dass man sich auch strafbar macht, wenn man nur im Spaß derartige Gesten macht.
Pessimisten hatten es schon vorausgesagt: Der Veranstalter Marco Sansone der ausgefallenen Snoop-Dogg-Veranstaltung am 17.07.15 im Münchner Zenith würde die Eintrittspreise nicht zurückerstatten. Dieser Fall scheint nun einzutreten. Offenkundig warten zahllose geprellte Besucher der Veranstaltung immer noch auf die Rückerstattung ihres Eintrittspreises, obwohl sie sich längst an den Veranstalter gewandt hatten. Auf facebook gibts wohl jede Menge leerer Versprechungen des Veranstalters, von denen sich keiner was kaufen kann. In einem der vorangegangenen Blogs war dieses Thema am Montag nach dem Konzert von mir schon angesprochen worden: Die ganz Sache riecht doch stark nach Betrug seitens des Veranstalters! Denn nach gefestigter Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist ein Betrug auch mit bedingtem Vorsatz möglich: Der Veranstalter, der ein Konzert anbietet, ohne sich ganz sicher zu sein, ob er die Vorauszahlungen für den Künstler auch wirklich stemmen kann, nimmt eine Vermögensgefährdung seiner Kunden billigend in Kauf und begeht damit einen Eingehungsbetrug. Den geprellten Ticketkäufern ist zu empfehlen, sich anwaltlichen Rat zu suchen, zumindest eine Beratung wäre sinnvoll, die Privat-Rechtsschutz übernimmt in der Regel die Kosten in Höhe von üblicherweise € 100 plus Mehrwertsteuer.
Wer verhindert, dass ein Anderer wegen einer rechtswidrigen Tat strafrechtlich verfolgt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft. Wer das als Amtsträger tut, dessen Amt darin besteht, an der Strafverfolgung mitzuwirken, der kommt nicht mehr mit einer Geldstrafe davon, sondern muß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten rechnen. So wollen es die §§ 258 und 258a des Strafgesetzbuches. Die Entlassung des Generalbundesanwalts Range durch den Bundesjustizminister Maas scheint auf den ersten Blick genau diesen Tatbestand zu erfüllen: Allerdings kann ein so hoher Beamter jederzeit und gefeuert werden (offizieller Jargon: in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden), wofür die Begründung von Maas, er habe kein Vertrauen mehr in Range gehabt, immer ausreichend ist. An dieser Stelle wird es also schwierig, dem Bundesminsister der Justiz einen Schuldvorwurf zu machen, auch wenn die Kündigung von Range letztlich keinen anderen Zweck hatte: Es sollte nach dem Willen von Minister und Kanzlerin auf jeden Fall verhindert werden, dass politisch äußerst ungünstige Ermittlungen gegen die Internetblogger in eine Anklage münden: Denn schließlich hatte es einen Aufschrei in den Medien gegeben, als diese Ermittlungen bekannt wurden und die Bundesregierung hatte Sorge, dass ihr diese öffentilche Aufmerksamkeit gefährlich werden würde. Also mußte man von höchster Stelle eingreifen. Allerdings gibt es wohl kaum Zweifel, dass die Veröffentlichung der Dokumente durch netzpoltik.org den Tatbestand des strafbaren Veröffentichen von Staatsgeheimnissen gemäß § 95 Absatz I StGB erfüllt. Angesichts dieser Tatbestandsmäßigkeit muß aber auf eine ganz andere Aktion des Bundesjustizministers das Augenmerk gerichtet werden: Seine Maßnahme nämlich, das von Generalbundesanwalt a.D. Range in Auftrag gegebene Gutachten über die Frage, ob es sich bei den von netzpolitik.org veröffentlichten Dokumenten (betroffen waren Dokumente über einen Haushaltsplan und über Strategien zum Ausspähen des Internets) um Geheimnisse im Sinne des § 95 StGB handelt, zu stoppen, erfüllt den Tatbestand der Strafvereitelung im Amt, da dieses Gutachten nach der Berichterstattung in den Medien die Geheimniseigenschaft der Dokumente und damit die Strafbarkeit der Internetblogger bejaht hatte (sofern es tatsächlich so ausgefallen ist, wie es in der Medien berichtet wird). Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Veröffentlichung für die Bundesregierung ungünstig gewesen wäre oder nicht und ob die Unterdrückung der Ermittlungen gegen die Internetblogger in der Öffebtlilchkeit begrüßt wird oder nicht. Der Justizminister hat sich mit dem Stoppen des Gutachtens selbst strafbar gemacht und müßte sich nach der Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneter des Bundestages Ermittlungen gegen sich selbst stellen.
Journalisten, die ihnen zugespielte Unterlagen veröffentlichen, obwohl diese Dokumente der Geheimhaltung unterliegen, sind näher an einer Strafbarkeit daran, als sie sich das klar machen. Die derzeitige Diskussion um die die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen die Internetblogger, – sie hatten einen Haushaltsplan sowie Strategien zum Ausspähen des Internets veröffentlicht, – zeigen dies wieder in erschreckender Weise: Das Strafgesetzbuch (StGB) regelt ziemlich eindeutig, dass das Veröffentlichen von der Geheimhaltung unterliegenden Dokumenten gemäß § 95 Absatz I des Strafgesetzbuches mit mindestens 6 Monaten Freiheitsstrafe geahndet werden muß. Dies trifft Journalisten jedenfalls dann, wenn ihnen klar ist (oder klar sein muß), dass das Veröffentlichen geheimer Unterlagen die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit Deutschlands bedeuten kann. Dann muss der Vorsatz, – jedenfalls der bedingte, – als gegeben angesehen werden und der strafrechtlichen Verfolgung ist Tür und Tor geöffnet. Journalisten entgegnen dann zwar, dass sie doch sozusagen gerechtfertigt seien durch den übergesetzlichen Rechtfertigungsgrund des Artikels 5 des Grundgesetzes, der die Meinungs- und Pressefreiheit schützt. Ihnen ist aber nicht klar, dass sie sich mit dieser Argumentation auf dünnem Eis bewegen: Denn bereits der Wortlaut des Gesetzes zeigt, dass es durchaus keine Einschränkung der Strafbarkeit gemäß § 95 StGB für den gibt, der als Journalist unterwegs ist! Diese Gesetz gilt also für alle, auch für Internetblogger! Der Vorwurf des Landesverrats gegenüber den Internetbloggern erscheint dennoch als völlig überzogen, da den Internetjournalisten jeglicher Vorsatz im Sinne eines Landesverrats gemäß § 94 StGB gefehlt haben dürfte: Mit SIcherheit hatten sie nicht die Absicht, erstens, ihr Land zu benachteiligen und zweitens zusätzlich noch dem Land einen schweren Nachteil zuzufügen! Hier wird wohl mit Kanonen auf Spatzen geschossen, denn der Tatbestand des Landesverrats betrifft im Grunde nur die Spionagetätigkeit.
Beate Zschäpe mußte es vor Kurzem ebenso akzeptieren wie ihre drei bisherigen Verteidiger gerade eben (nach neuester Nachrichtenlage von Montag): Ein Auswechseln des bzw. der Pflichtverteidiger ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen möglich. Dies ist auch in einem spektakulären Verfahren wie dem NSU-Prozeß nicht anders als in einem der vielen anderen Strafverfahren vor dem Amts- oder Landgericht. Die aktuellen Auseinandersetzungen vor dem OLG München zwischen Verteidigern und Gericht bzw. Angeklagter und Gericht um die Zurücknahme der Bestellung der 3 bisherigen Pflichtverteidiger zeigen vielmehr, wie schwierig eine solche Aufhebung der Beiordnung ist. Eine gesetzliche Regelung für solche Fälle fehlt nahezu komplett. Lediglich die Vorschrift des § 143 Strafprozeßordnung befaßt sich mit dieser Frage andeutungsweise, die wichtigsten Fragen wurden bisher und werden immer noch alleine durch die Rechtsprechung und die Literatur geregelt. Nach den bisherigen Urteilen und den einschlägigen Kommentierungen, – die der Staatsschutzsenat am OLG München im aktuellen Beschluß im NSU-Verfahren wieder bestätigt, – reicht es für einen Wechsel bei Weitem nicht aus, wenn man sich zwischen Mandant und Pflichtverteidiger nicht mehr versteht, vielmehr muß das Vertrauensverhältnis total zerstört sein. Genau für die Annahme dieser Vorausssetzung liegt die Hürde allerdings sehr hoch, wie man wieder sieht: Nach der geltenden Rechtsprechung muss eine Aufhebung der Beiordnung immer dann erfolgen, wenn die Durchführung einer effektiven Verteidigung nicht mehr möglich ist, – wenn also das Vertrauensverhältnis so erheblich beschädigt ist, dass diese effektive Verteidigund eben nicht mehr gewährleistet ist. Dass inzwischen sogar beide Seiten, – also nicht nur Frau Zschäpe, sondern auch ihre drei Verteidiger selbst, – die Zurücknahme der Bestellung wünschen, kann ein sehr starkes Indiz für eine solche totale Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses ein. Der Staatsschutzsenat des OLG wird daher sehr genau prüfen müssen, ob es jetzt nicht doch Zeit für eine Aufhebung der Beiordnung der bisherigen drei Verteidiger geworden ist, will er keine Aufhebung in de Revisionsinstanz riskieren. Der Senat ist damit sehr vorsichtig, denn eine Zurücknahme der Bestellung würde unausweichlich zu einem Platzen des NSU-Prozesses führen, die bisher absolvieretn mehr als 220 Hauptverhandlungstage wären komplett umsonst absolviert, das Verfahren müßte ganz von vorne beginnen: Denn es gäbe dann ja nur noch einen einzigen Verteidiger, – den 4. im Bunde, – der die ersten etwa 200 Verhandlungstage nicht mitgemacht hat. Der Senat ist damit in einer schweren Zwickmühle, um die er nicht zu beneiden ist: Beharrt er auf einer Fortführung der Verteidigung durch die drei bisherigen Anwälte kann er zwar versuchen, das Verfahren korrekt zu Ende zu führen, allerdings droht dann die Aufhebung eines Urteils im Rahmen des wohl unausweichlichen Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof und ein Neustart dann über die Schiene der Zurückverweisung zum OLG, wo dann ebenfalls alles neu und von vorne verhandelt werden müßte!
Nach Medienberichten (siehe die Süddeutsche vom Montag, den 20.07.15) hatte die unerwartete Absage des Konzerts von Snoop Dogg am letzten Freitag die Besucher ziemlich auf die Palme gebracht. Man kann das verstehen: DIe Leute haben für gar nicht so wenig Geld Karten gekauft und ihren kostbaren Freitagabend geopfert, nur um dann zunächst ewig hingehalten zu werden und am späten Abend schließlich eine Absage zu kassieren! Der muß wohl erst noch geboren werden, der sich über so etwas nicht ärgert! Nach Berichten in den Medien soll der Veranstalter Marco Sansone Anzeige gegen den Rapper erstattet haben. Dies erstaunt noch mehr als die Absage selbst und sieht stark nach einer Flucht nach vorne aus: Wie zu hören war waren es nämlich alleine finanzielle Gründe, warum Snoop Dogg nicht erschienen war. Der Vertragsbruch, – so die aktuelle Informationslage, – hatte also wohl auf Seiten des Veranstalters stattgefunden und nicht bei Snoop Dogg, da der Veranstalter das vereinbarte Honorar nicht pünktlich und/oder nicht in der vereinbarten Form gezahlt haben soll. Damit bietet sich für die Besucher, – die in Höhe des Eintrittsgeldes geschädigt sind, – die Option, den Veranstalter wegen Betruges anzuzeigen, da der Veranstalter die Vermögensschädigung seiner Kunden in Höhe des Eintritts (jedenfalls nach der aktuellen Informationslage) zumindest billigend in Kauf genommen hatte: Das wäre nicht anders als Betrug zu werten.
Der Absturz des deutschen Flugzeugs in den französischen Alpen vor Kurzem verdient eine kurze Betrachtung aus strafrechtlicher Sicht: Nach den neuesten Meldungen in den Medien ist davon auszugehen, dass der Copilot der A 320 von Germanwings den Flieger absichtlich in die Felswand gesteuert hatte. Da es keinerlei Überlebende gibt, sondern nur die Aufzeichnungen des Voicerecorders, können über die Motive nur Spekulationen angestellt werden. Nach den Aussagen des französischen Staatsanwalts war wohl eine lange im Vorhinein geplante Suizidabsicht des Copiloten das Motiv. Strafrechtlich gesehen ist gegen einen Suizid nichts einzuwenden, es ist das Recht eines jeden Menschen, sich selbst das Leben zu nehmen, allerdings ist dieses Motiv bislang noch eine Hypothese der Staatsanwaltschaft aufgrund der Geräusche auf dem Voicerecorder. Ganz anders sieht es jedoch aus mit den schier unglaublich vielen Opfern in der Kabine und im Cockpit: Sollte sich im Laufe des Ermittlungsverfahrens die Hypothese bewahrheiten, dass der Copilot das Flugzeug absichtlich in die Felswand gesteuert hat, dann gibts nix mehr zu spekulieren über den Umstand, dass der Copilot nichts anderes begangen als Mord in 149 Fällen. Wäre der Copilot durch irgendeinen Zufall mit dem Leben davongekommen müsste er sich einem Verfahren vor dem Schwurgericht stellen und mit lebenslanger Freiheitsstrafe rechnen, deren Vollstreckung sicher nicht vor Verbüßung von 20 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden würde. Die Ähnlichkeit mit 9/11 ist natürlich frappierend und es wird spannend werden, die weiteren Ermittlungen abzuwarten, – wie die Durchsuchung der Wohnung des Copiloten und die Vernehmung seiner Familie, – da es dann womöglich noch sehr interessante neue Details geben wird.